Paradiso ist das neunte Album des selbsternannten Mediterranean Caribbean Trash Folk Space Arkestra aus München. Auf dem unvermeidlichen Pandemie-Album zelebriert die aktuell 14 köpfige Band ihre ureigen Mischung aus unterschiedlichsten süd- und lateinamerikanischen Einflüssen und DIY-Attitüde. Und wie immer werden Songs anderen Künstler der Patcheko-Behandlung unterzogen. Diesmal: The Chambers Brothers und Dead Kennedys. Außerdem Versuche in Dub und Techno. Kai Keup (Minister of Rock `n`Roll) erlebt Paradiso folgendermaßen:
Allenthalben wurde landauf, landab unterinterpretiert, vorsondiert, überreguliert, ampelparaphrasiert, untererfasst und selbstredend überinterpretiert. Dabei ist es schon seit dem vergangenen Jahrtausend klar. “Time has come today”: back from Samoa and ready to take off for the planet, to the planet Venus. Heutzutage ist der Astrofuturismus Schnee von gestern und stattdessen genießt William Shatner tatsächlich ein paar Minuten der Schwerelosigkeit im All. Jeff Bezos sei Dank! Vielen Dank auch!! Immer diese Widersprüche!!! Heben Sie derweil mit dem neunten Album der Hermanos Patchekos um Kapellmeister und Kosmonaut G. Rag ab. Den ein oder anderen Westküstenklassiker hat das Ensemble aus dem Münchner Osten schon länger im Gepäck. Mittlerweile scheint der Mond nicht nur über Marin, sondern auch über Warngau und die fleißigen Steuervermeider vom nahegelegenen Tegernsee erfreuen sich über die gelbe Ampel. Natürlich wird wie stets zur Cumbia aufgefordert und auch ordentlich gedubbt. Und wer so schön Sun Ra sagt, der muss auch Warngau Whole Wheat Horns sagen, gell. Irgendwie logisch, dass die „Time has come today“-Version der Angry Samoans Pate stand und nicht das Original der Chambers Brothers, schließlich machte die Kultur des Öfteren Station in der Kulturstation in den späten 1980ern und frühen 1990ern.
Aber wer weiß, vielleicht landen die Patchekos noch bei Barbara Dana – die ja mit den Chambers Brothers deren erste Langspielplatte aufnahm, anno 1966 – und deren „I hate the capitalist system“ (1973).
Also einfach abwarten, einen doppelten Espresso mit Metal Mike und Joe Baiza trinken und mit Terry Adams ein paar Sportzigaretten genießen, denn die Legalisierung ist ja auch vom Tisch.
Bis dahin beherzigen Sie die weisen Worte des Herrn Jello B. „Now you can relax and return to your job!“, so ist doch der eigene Bunker der schönste Platz im All. Auch wenn Mutter (die Band) dies vehement verneinen werden.
TRACKLIST 01 - Papillon 02 - Blue Blimp 03 - Time has come (Chambers Brothers) 04 - Cumbia paradiso 05 - Papillon groove 06 - Coltrane 07 - Cumbia du midi 08 - Silver & Gold 09 - Papillon Dub 10 - Moon over marin (Dead Kennedys)
ARTIST G. Rag y los Hermanos Patchekos / / Mediterranean Caribbean Trash Folk Space Arkestra. Die Gruppe gründete sich Ende 1999. Künstlerisch eigensinnig, geprägt vom DIY der Punkbands oder der 90er-Jahre-Hardcore-Bands. Irgendwann hatte man das satt oder auch nicht und wollte etwas ruhigeres, aber trotzdem Cooles starten. Daraus entwickelte sich dann ein ganz eigener Sound. Seit Jahren bewegen sich nun die Hermanos Patchekos zwischen Swing, Cumbia, Folk, Latin, ihren Punk Einflüssen und Lo-Fi Orchester hin und her. Mittlerweile haben sie neun Studio-Alben auf Gutfeeling Records veröffentlicht, das letzte erscheint Ende September 2022. Und sie haben sogar auch Filmmusik gemacht. Drei Soundtrack-Alben für die Serie München 7 (nominiert für den Grimme Preis). Die eigentliche Maschine der Hermanos Patchekos besteht aus zwei Perkussionisten, die ihre Drums nicht wirklich im herkömmlichen Sinne spielen: Ein Conga Spieler und ein aus Plastik-Kisten und Blech zusammengebautes Schlagzeug. Das Ganze scheppert sehr südlich. Dazu kommt der Patcheko-Bläsersatz (3 Trompeten, 1 Klarinette + Bariton Saxophon), 3 Gitarren, 1 Crooner, Kontrabass, Akkordeon, Kalimba, Percussion. |