„Forest Tapes“ ist ein neues Album von Heated Land. Aufgenommen wurde es direkt auf
Tonband durch eine einzelnes, zentrales Stereomikrofon in einem Wohnzimmer in
Süddeutschland. In einem kleinen Dorf, im letzten Häuschen bevor der Wald beginnt. Es
enthält keinerlei Overdubs, keinen künstlichen Reverb oder andere Effekte, kein
nachträgliches Editing. Alle Sorgfalt und Liebe bei dieser Form der Produktion passiert vor
und während der eigentlichen Aufnahme: die Akustik des Raumes und der Instrumente,
Positionen der Musikerinnen und Musiker, insbesondere die Abstände zum Mikrofon. . .
Hört man „Forest Tapes“ unter Kopfhören, dann fühlt sich das an als säße man zusammen
mit der Band in jenem Raum, genau im Zentrum der Songs an dem Ort, wo alle Einzeltöne
zusammenfinden und sich zu einem Ganzen vereinigen. Man will nicht übertreiben, aber in
unserer digitalen Zeit kommt das fast schon einer Wiederentdeckung dessen gleich, was
Musik einmal war und immer noch sein kann.
Mit ihren Songs live je nach Ort, Stimmung und Besetzung in immer neue Richtungen zu
tasten, stand immer schon im Zentrum der Musik von Heated Land. Die Forest Tapes
Sessions mit Sound Engineer Torsten Lang sind kein spontanes Live-Album, eher ein sorgsam
austarierter und vielfach geprobter Versuch, die Essenz von Heated Land in so einem
Moment festzuhalten. Er fängt die Band vielleicht besser ein als die beiden Studioalben: das
rohe, warme Songwriting von Andreas Mayrock in zeitlosen, sich stetig wandelnden,
freischwebenden Liedern über Natur, Unendlichkeit, Kapitalismus, Selbsterkenntnis und
Gemeinschaft.
Die Tracklist setzt sich zusammen aus ganz neuen Songs (“Stories”, “Yellow Mountain”,
“Fingernail”) und umarrangierten Fassungen von Stücken der beiden Vorgängeralben. Die
Art der Aufnahme, die Abwesenheit des Schlagzeugs, die akustischen Instrumente erzeugen
eine sanfte Bluegrass-Stimmung. Trotzdem ist es kein Album wilder Improvisation. Der
Minimalismus von Wilhelmine Schwabs umwerfend schöner Violine lässt vermuten, dass sie
jeden Ton ganz sorgfältig gewählt hat. Raja Ghraizis Gitarrenmelodien sind umwerfend
akrobatisch und doch immer fest mit den anderen Instrumenten verschränkt. Gelegentlich
kommt ein kleiner Chor hinzu und auf der B-Seite ist Simon Preuss am Kontrabass dabei. Ihr
Vermieter, der Steinbildhauer und Musiker Milan Lipsky, spielt das Saxophon bei einer
epischen Version von „Off The Trees“. Sein Instrument musste er dabei auf dem Balkon
draußen im Regen bei halb angelehnter Tür spielen, um das sorgfältig ausbalancierte
Klangbild nicht zu sprengen.
Heated Land ist ein Kollektiv um Sänger und Songwriter Andreas Mayrock, der zusammen
mit seiner Frau zeitweise in Dresden und zeitweise in jenem kleinen bayrischen Dorf lebt, in
dem „Forest Tapes“ aufgenommen wurde. Der Rest der Band verteilt sich aktuell über
Dresden, Hamburg und Zürich. Gemeinsam haben sie bisher die beiden Studioalben “Heated
Land” (2014) und “In A Wider Tone” (2019) veröffentlicht.